Mord, § 211 StGB

Kanzlei Louis & Michaelis – bundesweite Strafverteidigung bei Mord

Wann verwirkliche ich einen Totschlag, wann einen Mord?

Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu ein, wird als Totschläger verurteilt.

Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet.

Die verbreitete Meinung, dass Mord vorsätzlicher Totschlag sei, ist demnach falsch. Die Totschlag wird dann zum Mord „qualifiziert“, wenn Mordmerkmale (siehe oben) durch den Täter verwirklich werden.

Die Fahrlässige Tötung hat einen eigenen Straftatbestand (§ 222 StGB).

Was bedeuten die Mordmerkmale im Einzelnen?

Unter Habgier versteht man nicht lediglich eine Bereicherungsabsicht im Sinne der Vermögensdelikte, sondern ein rücksichtsloses Streben nach Gewinn „um jeden Preis“, also auch um den Preis eines Menschenlebens.

Heimtücke setzt voraus, dass der Täter die Arg- und Wehrlosigkeit – genauer: die auf Arglosigkeit beruhende Wehrlosigkeit – des Opfers in feindlicher Willensrichtung bewusst ausnutzt. Arglos ist derjenige, der sich im Zeitpunkt der Tat, d.h. bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz durchgeführten Angriffs keines Angriffs von Seiten des Täters versieht. Wehrlos ist, wer aufgrund der Arglosigkeit keine oder nur eine reduzierte Möglichkeit der Verteidigung besitzt. Wehrlos ist z.B., wer aufgrund der Arglosigkeit keine oder nur eine reduzierte Möglichkeit der Verteidigung besitzt

Verdeckungsabsicht qualifiziert den Totschlag zum Mord, da der Täter ein Menschenleben, nämlich als Opfer der zu verdeckenden Tat vernichtet um die eigene Bestrafung zu vereiteln.

Ermöglichungsabsicht qualifiziert den Totschlag zum Mord, wenn durch die Tötung eine geplante Straftat ermöglicht werden soll.  Unter der geplanten anderen Straftat ist ein mit Strafe (nicht nur mit Buße) bedrohtes Verhalten zu verstehen. Erforderlich ist hinsichtlich der anderen Straftat Absicht i.S. eines zielgerichteten Wollens.

Grausam tötet, wer seinem Opfer in gefühlloser, unbarmherziger Gesinnung Schmerzen oder Qualen körperlicher oder seelische Art zufügt, die nach Stärke und Dauer über das für die Tötung erforderliche Maß hinausgehen.  In objektiver Hinsicht ist erforderlich, dass dem Todeseintritt, vom Täter verursachte, besondere (also über die quantitativ oder qualitativ, aber auch zeitlich mit einer Tötung meist ohnehin verbundenen) Schmerzen oder Qualen körperlicher oder seelischer Art vorausgehen. Leiden setzen voraus, dass sie vom Opfer auch empfunden werden. Daran fehlt es bei Bewusstlosigkeit.

Mordlust verlangt, dass der Tod des Opfers „als solcher der einzige Zweck der Tat ist.“

Niedrig sind die Beweggründe, wenn sie sittlich auf tiefster Stufe stehen und nach allgemeinen Wertmaßstäben besonders verwerflich und geradezu verachtenswert sind. Die Missachtung allein moralisch-sittlicher Postulate, die in der Rechtsordnung keinen Niederschlag finden, kann den Mordvorwurf nicht begründen. Erforderlich ist nach ständiger Rechtsprechung eine Gesamtwürdigung aller für die Handlungsantriebe des Täters maßgeblichen Faktoren. Die Tat sollte zeigen, dass der Täter den Wert eines Menschenlebens der krassen und bedenkenlosen Durchsetzung seiner egoistischen Interessen unterordnet. Aufgrund des höchsten Strafmaßes im deutschen Recht sollte dieses Merkmal restriktiv ausgelegt werden.

Zur Befriedigung des Geschlechtstriebs bedeutet, dass der Täter sich durch die Ermordung eines Menschen sexuell befriedigen will. Er begeht einen sog. Lustmord.

Mittel sind dann gemeingefährlich, wenn der Täter sie im Einzelfall nicht sicher zu beherrschen vermag und sie geeignet sind, Leib und Leben mehrerer Menschen zu gefährden.

Wie häufig gibt es Mord & Totschlag in NRW und wie ist die Aufklärungsquote bei Mord?

In 2005 wurden laut des PKS (polizeiliche Kriminalitätsstatistik) 138 Menschen Opfer eines Mordes oder Totschlags in NRW. In 224 Fällen kam es zu einer versuchten Tötung eines Menschen. 2007 wurden in Nordrhein-Westfalen 145 Menschen Opfer eines Mordes oder Totschlags. In 239 Fällen wurde ein Tötungsdelikt versucht. Rund 97 % der Fälle wurden aufgeklärt.

Dies Zahlen hören sich zunächst natürlich sehr hoch an, aber man bedenke, dass ca. 18.059.839 Einwohner in NRW leben. Zudem sind Tötungsdelikte in fast 90 % der Fälle Beziehungstaten. Täter und Opfer kennen sich also. 98 % der Fälle konnten aufgeklärt werden. Diese hohe Aufklärungsquote kann deshalb erreicht werden, weil es „realtiv“ wenige Tötungsdelikte in Deutschland gibt.

Die Medien verzerren das Kriminalitätsbild in der BRD. Abends laufen Krimis und Polizeisendungen im Fernsehen. Über Wochen werden spektakuläre Morde (insbesondere an Kindern) in der Presse behandelt. Dadurch entsteht bei dem Bürger der Eindruck, dass er sich nicht sicher in Deutschland fühlen kann. Die Statistik spricht – wenn auch sicherlich jedes Tötungsdelikt eins zu viel ist – eine andere Sprache.

Der Mörder wird zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Was bedeutet Lebenslang?

Der Täter muss mindestens fünfzehn Jahre Freiheitsstrafe verbüßen. Die Freilassung kann unter Abwägung und Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden, wenn das Gericht auf der Grundlage eines Gutachtens eines Sachverständigen entscheidet,  dass davon ausgegangen werden kann, dass der Mörder in der Freiheit keine weiteren Straftaten begeht. Durchschnittlich werden die Täter nach 17 – 20 Jahren entlassen.

Anders verhält es sich, wenn die „ besondere Schwere der Schuld“ bei dem Urteil ausgesprochen wird. Der Täter kann zwar mit einer Freilassung rechnen, aber diese wird in der Regel erst nach 22 – 25 Jahren gewährt.

Ist die lebenslange Freiheitsstrafe mit unserem Grundgesetz zu vereinbaren?

Das Bundesverfassungsgericht hat dies unter folgenden Kriterien bejaht. Die lebenslange Freiheitsstrafe ist mit dem Grundgesetz zu vereinbaren. Dem Verurteilten muss jedoch die grundsätzliche Möglichkeit eingeräumt werden, irgendwann die Freiheit wiederzuerlangen. Die Mordmerkmale des § 211 StGB (Mord) müssen restriktiv ausgelegt werden und. es muss – um die Menschenwürde des Betroffenen zu garantieren – die Möglichkeit der früheren Entlassung bestehen (§ 57a StGB). Wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, ist bei besonderer Schwere der Schuld (vgl. § 57 I S. 1 Nr. 2 StGB) auch die lebenslange Vollstreckung nicht verfassungswidrig.

Das Bundesverfassungsgericht fordert neuerdings bei der Restaussetzung zur Bewährung (§57a StGB) eine neue Praxis: Zuständig für die Entscheidung ist gem. §§ 454, 462a StPO die Strafvollstreckungskammer. Da nach vielen Jahren auch gem. § 57 I S. 1 Nr. 2 StGB über die Schwere der Schuld entscheiden musste, ist jetzt erforderlich, dass bereits das erkennende Gericht im Urteil Festsstellungen zur Schuld trifft, an die die Strafvollstreckungskammer später gebunden ist. Es handelt sich hierbei um eine verfassungskonforme Auslegung des § 57a I 1 StGB, da unter „Gericht“ das „Schwurgericht“ zu verstehen ist (sog. Schwurgerichtslösung) (§ 74 II 1 Nr. 4 GVG).

Wann liegt eine fahrlässige Tötung vor?

Fahrlässige Tötung liegt vor, wenn der Täter fahrlässig den Tod eines Menschen verursacht. Art und Maß der Sorgfalt ergeben sich aus den Anforderungen, die bei einer Betrachtung der Gefahrenlage „rückblickend“ an einen besonnenen und gewissenhaften Menschen in der konkreten Lage und der sozialen Rolle des Handelnden zu stellen sind.

Der Täter muss den Tod des Opfers auch  objektiv vorhergesehen haben können. Eine Verantwortlichkeit soll aber für solche Ereignisse und Geschehensabläufe entfallen, die so sehr außerhalb der Lebenserfahrung liegen, dass mit ihnen auch bei Einhaltung der gebotenen Sorgfalt nicht zu rechnen war. Bestraft wird der Täter mit einer Freiheitsstrafe bis 5 Jahren oder Geldstrafe.

Wann liegt eine Tötung auf  Verlangen vor?

Tathandlung ist wie bei einem Totschlag, die Tötung eines lebenden Menschen, doch muss der Täter hierzu durch das ausdrückliche und ernstliche Verlangen des Getöteten bestimmt worden sein. Der Verlauf der Grenze zwischen Selbstmord und Fremdtötung wird beim aktiven Handeln durch das Kriterium der Täterschaft bestimmt.

Durch das Verlangen bestimmt worden ist der Täter dann, wenn das von ihm erkannte Verhalten des Getöteten als Anstiftung zum Töten zu qualifizieren war. Totschlag auf Verlangen ist nicht erfüllt, wenn der Getötete mit seiner Aufforderung auf einen omnimodo facturus gestoßen ist, der Täter also den Entschluss zum Töten des Auffordernden bereits vorher endgültig gefasst hatte.

Die Voraussetzungen einer Anstiftung durch den Getöteten sind jedoch gegeben, wenn der Täter die Tötung bereits erwogen hat, deren Durchführung hingegen von dem ausdrücklichen und ernsthaften Verlangen des anderen abhängig gemacht hat. Auch dass die Initiative (für das danach vom Opfer ausgesprochene Verlangen) vom Täter ausgeht, spricht nicht von vornherein gegen eine Anwendbarkeit der Tötung auf Verlangen, allerdings kann hier problematisch werden, ob es sich nicht lediglich um den Fall einer, nicht ausreichenden Einwilligung, des Opfers in die Tötung handelt.

Das Verlangen des Opfers hat den Täter zur Tötung dann nicht „bestimmt“, wenn diese Aufforderung den Tatentschluss jedenfalls nicht in erster Linie trägt. Selbst ein Einverständnis des Opfers ist insoweit nicht mehr geeignet, eine Strafbarkeit gem. § 216 I zu begründen, da ein bereits entschlossener Täter nicht mehr „bestimmt“ werden kann.

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