Kanzlei Louis & Michaelis – bundesweite Strafverteidigung im Hauptverfahren
Hauptverfahren. Wie läuft eine Hauptverhandlung ab?
- Aufruf der Sache
- Feststellung, ob Angeklagter und Verteidiger anwesend und Beweismittel herbeigeschafft sind
- Zeugen werden belehrt und verlassen Sitzungssaal
- Vernehmung des Angeklagten zur Person
- Verlesung des Anklagesatzes durch StA
- Belehrung des Angeklagten über Schweigerecht
- Vernehmung des Angeklagten zur Sache
- Beweisaufnahme
- Schlussvorträge (sog. Plädoyers)
- Letztes Wort des Angeklagten
- Beratung und Abstimmung
- Urteilsverkündung
- Rechtsmittelbelehrung
Werden bei einer Gerichtsverhandlung andere Personen zusehen und mithören dürfen?
Grundsätzlich sind die Verhandlungen öffentlich, um eine Kontrolle der Gerichtsbarkeit zu gewährleisten.
Unbeteiligte Besucher und Vertreter der Presse sind, wenn es sich nicht gerade um einen Zufall oder eine besondere Verhandlung handelt, eher von seltener Natur.
Jugendstrafsachen (14 bis noch nicht 18 Jahre) sind nicht öffentlich. Das gleiche gilt in besonderen Fällen.
Es wird darauf hingewiesen, dass ein Strafverteidiger in bestimmten Fällen erwirken kann, dass die Staatsanwaltschaft keine Anklage erhebt, sondern eine Verurteilung durch einen Strafbefehl beantragt. Das gleiche gilt für die Einstellung des Verfahrens (z.B. auch gegen Zahlung eines Geldbetrags an eine gemeinnützige Einrichtung). Somit lässt sich eine öffentliche Hauptverhandlung verhindern. Lassen Sie sich diesbezüglich beraten.
Muss man sich vor Gericht als Angeklagter „zur Sache einlassen“?
Außer den Angaben zur Identitätsfeststellung müssen Sie vor Gericht nichts sagen. Schweigen darf auch nicht zu Lasten des Angeklagten durch das Gericht gewertet werden.
Hier wird jedoch deutlich, wie wichtig es ist, vor der Verhandlung mit einem Verteidiger eine Verhandlungsstrategie zu entwickeln. Man kann nicht pauschal sagen, ob Schweigen oder sich zur Sache einzulassen vorteilhafter ist. Dies hängt von Ihrem individuellen Fall ab.
Wie wichtig ist ein Geständnis?
Ein Geständnis hat die praktische Folge, dass das Gericht, ohne eine langwierige Verhandlung, Sie verurteilen kann. Ein Geständnis muss auch immer strafmildernd berücksichtigt werden. Gerichte mögen geständige Angeklagte. Dies spricht dafür, dass ein Geständnis oft erhebliche Pluspunkte bei der Ermittlung des Strafmaßes mit sich bringen kann.
Oft kann ein frühes Geständnis von Vorteil sein, aber manchmal auch ein spätes. Oft aber sollte man sich nicht zur Sache einlassen oder sich zu einem Geständnis hinreißen lassen.
Genau dies ist der Grund, warum Sie einen Verteidiger zur Seite haben sollten. Kaum ein Angeklagter wird abwägen können, ob und / oder wann er sich zur Sache einlassen sollte. Unterschätzen Sie diesen Aspekt nicht, welcher den schmalen Grat zwischen Freispruch und Verurteilung ausmachen könnte.
Kann der Angeklagte Zeugen benennen und laden?
Das Gericht bestimmt, welche Zeugen zur Hauptverhandlung geladen und vernommen werden.
Sie und Ihr Verteidiger haben das Recht, die Ladung und Vernehmung von zusätzlichen Zeugen zu beantragen.
Sie sollten dieses Recht nicht verwirken und eine Verteidigungsstrategie mit mir abstimmen.
Müssen Familienmitglieder gegen den Angeklagten aussagen?
Nein, sie haben ein Zeugnisverweigerungsrecht. Lediglich die Angaben zur Person (Name etc.) müssen angegeben werden.
Ein Zeugnisverweigerungsrecht haben (geschiedene) Ehegatten, Kinder, Eltern, Geschwister.
Der berühmte Satz „Sind Sie verwandt oder verschwägert mit dem Angeklagten?“ ist wichtig, denn wenn Sie das sind, dann müssen Sie über Ihr Schweigerecht als Zeuge auch belehrt werden.
Ob von diesem letztendlich Gebrauch gemacht wird, kann Ihnen ein Strafverteidiger in einer Beratung erklären.
Wie wichtig sind Zeugen und ihre Befragung?
Der Zeuge ist das häufigste und wichtigste Beweismittel, jedoch auch das unzuverlässigste. Die Aussage kann erheblich den Ausgang eines Verfahrens beeinflussen. In der Praxis hören wir häufig, ich kann doch gar nicht verurteilt werden, nur weil diese Person gegen mich aussagt. Doch. Unter Umständen reicht die Aussage einer Person. Die Zeugenaussage ist ein Beweismittel.
Die Befragung der Zeugen ist ein wichtiges Mittel des Strafverteidigers, um einen Teilbeitrag zur Wahrheitsfindung beizutragen. Dieses Recht darf er jedoch nur über einen Rechtsanwalt ausüben lassen.
Wie wichtig ist das letzte Wort des Angeklagten?
Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass eine Verhandlung mit dem letzten Wort des Angeklagten manchmal stehen und fallen kann.
Angeklagte ohne Verteidiger verzichten regelmäßig darauf, sich im letzten Wort zu äußern. Andere zeigen dem Gericht ein letztes Mal ihre Uneinsichtigkeit, was das Gericht in seinem Gesamteindruck bestärken kann. Dies sind nur zwei Beispiele, welche Folgen das Verhalten des Angeklagten für das Urteil haben kann.
In einer Beratung kann ich mit Ihnen besprechen, ob es sinnvoll ist, sich meinem Plädoyer anzuschließen oder sich selber an das Gericht zu wenden. Mit dem letzten Wort können Sie viele Fehler machen, die es zu vermeiden gilt.
Was muss nach einem Urteil durch das Gericht unbedingt erfolgen?
Achten Sie darauf, dass eine Rechtsmittelbelehrung durch das Gericht ergeht. Sie können nämlich Rechtsmittel gegen das Urteil des erkennenden Gericht einlegen.
Bedenken Sie auch, dass die Staatsanwaltschaft ebenfalls z.B. in Berufung gehen kann. Dies hat zur Folge, dass Sie möglicherweise auch noch härter bestraft werden können.
Lassen Sie sich in einer Hauptverhandlung demnach immer vertreten, um Ihre Chancen zu wahren. Verzichten Sie auf Rechtsmittel „nehmen das Urteil an“, dann können Ihnen möglicherweise schwerwiegende Nachteile entstehen.
Ich bin besorgt, dass ein Richter in meinem Strafprozess befangen ist. Was mache ich?
Ich rüge dessen Befangenheit in der Hauptverhandlung.
Voraussetzung dieser Rüge ist ein in erster Instanz rechtzeitig vorgebrachte Ablehnungsgesuch.
Ein Richter darf jedoch auch nach dem vorbenannten Zeitpunkt abgelehnt werden, wenn die Umstände auf welche die Ablehnung gestützt wird, erst später eintreten
Dies muss jedoch dann „unverzüglich“ i.S.v. § 25 II StPO nach Kenntnis der Sachlage geschehen und vor Urteilsfindung der Richter.
Kann ein Staatsanwalt wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden?
Anders als der Richter, kann der Staatsanwalt nicht wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, denn zum einen gibt es keine entsprechende Regelung wie für Richter und die Regelung wird auch nicht entsprechend angewandt.
Zum anderen kann im Unterschied zum Richter der befangene Staatsanwalt kraft dienstbehördlichen Weisungsrechts durch den Vorgesetzten abgelöst werden.
Auch während der Verhandlung besteht kein Recht auf Ausschluss eines befangenen Staatsanwalts.
Es besteht jedoch letztendlich die Möglichkeit, der Revision nach § 377 StPO, wenn nicht auszuschließen ist, dass das Urteil auf Mitwirkung des befangenen Staatsanwalts basiert.
Welche Rechtsmittel stehen mir zur Verfügung, wenn mein Ablehnungsgesuch zu Unrecht verworfen wird?
Mit Unrecht verworfen ist die Ablehnung, wenn ein Grund vorlag, der geeignet war, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.
Es besteht ein absoluter Revisionsgrund nach § 338 Nr. 3 StPO, wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch mit Unrecht verworfen worden ist.
Das Strafurteil wird regelmäßig aufgehoben, wenn ein absoluter Revisionsgrund bejaht werden kann.
Dies gilt nicht nur für das unzulässig verworfene Ablehnungsgesuche, sondern auch für das als unbegründet zurückgewiesene Ablehnungsgesuch.
Aus dem gesagten ergibt sich, dass eine Revision nur dann Erfolg versprechend ist, wenn ein Ablehnungsgesuch vorlag.
Strafverfahren werden häufig mit einem Urteil beendet
Wie ist ein Strafurteil aufgebaut?
Aufbau eines Strafurteils bei Verurteilung |
Rubrum
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Tenor
Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen |
Angabe der angewendeten Vorschriften (§ 260 V StPO) |
Gründe
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Unterschrift der hauptamtlichen Richter (§ 275 II StPO) |